Nach „Die letzten Kilometer in Thailand“ geht es wegen der Änderung unserer Reisepläne doch abermals nach Thailand. Von der Einreise bis zur Ausreise fügt sich für uns alles positiv zusammen. Dazwischen erleben wir überbordende Freundlichkeit. Mit Geschenken, Geschenken, Geschenken geht es so weiter, wie wir das Land vor etwa zwei Monaten verlassen haben.
Die Einreise: Am wichtigsten Grenzübergang zwischen Laos und Thailand stehen mehrere, lange Schlangen vor den Abfertigungsschaltern. Wir stellen uns auf nerviges, langes Warten ein. Bange Frage zudem: bekommen wir die bis zu unserem gebuchten Flug von Bangkok nach Sydney notwendigen 30 Tage Aufenthaltsdauer? Aus purer Faulheit möchte Lara von mir auf dem Arm gehalten werden. Sie legt ihren Kopf auf meine Schulter. Eine Tür fällt mir neben den Wartenden ins Auge. Ein Schild darauf verrät, daß dahinter Verdächtige gesondert behandelt werden. Da tritt ein Zollbeamter auf uns zu und fordert uns auf, genau dort hineinzugehen. Super, denke ich, jetzt sehen die das schon ohne meinen Reisepass kontrolliert zu haben. Manchmal scheint es mir, als gäbe es eine Zentraldatei, in der alle von mir bereisten Länder aufgelistet sind, in der jeder seinen individuellen Schurkenstaat finden kann, und so geht nicht immer alles verzögerungsfrei. Etwas grimmig anmutend stellt man uns einige Fragen, Stempel, umgehend sollen wir das Gebäude auf der anderen Seite verlassen. Auf der anderen Seite heißt jenseits der Warteschlangen. Ein Blick in unserer Reisepässe zeigt: 30 Tage Aufenthaltsdauer. Nur wenige Minuten hat das gedauert, und ich kann es nur so erklären, daß Lara auf meinem Arm leidend aussah statt träge. Prima gemacht, Lara.
Hier, in Thailand, reist es sich deutlich komfortabler als in den zuletzt besuchten Ländern Laos und Kambodscha. Neben freundlichen Leuten – die gab es auch in den Nachbarländern – gibt es gute Straßen, preiswerte, gute Unterkünfte und Essen. Lara ist voller Vorfreude auf nun wieder vorhandener Supermärkte, hin und wieder Gelegenheit, ein Eis zu naschen. Es gibt funktionierende Internetverbindungen, die gerade rechtzeitig zu Weihnachten eine Konferenz mit der Familie ermöglichen.
Ansonsten geht, bis auf etwas Kunststoffdeko, das Fest recht spurlos an uns vorbei mit baden im Pool bei über 30°C.
Was einen bedeutenden Aspekt Weihnachtens anbelangt, die Geschenke, da ist für uns an vielen Tagen Weihnachten.
Zum Beispiel halten wir in der Provinzhauptstadt Phetchabun unmittelbar nach dem Etappenstart an einem Fahrradladen, wollen nur schnell etwas Luft pumpen. Zahlreiche Smartphonefotos später von uns in allen Lagen, ostasientypisch mit Daumen hoch oder Victory-Zeichen, haben wir die Arme voll mit fünf Flaschen Getränken und drei T-Shirts. So, nun aber los. Keine 20 Kilometer später werden wir auf der Straße gestoppt. „Welcome to Thailand!“ Eine weitere Flasche Wasser, ein Sack getrocknete Bananen. Nun gehen schon nicht mehr alle Packtaschen zu.
Mal sehen, wie weit wir heute kommen, bis wir beschenkt werden, bemerkt Denise am nächsten Morgen. Wiederum nach 20 Kilometern hält uns ein Polizist auf einem Motorrad an. Während einer Runde Getränke erwarten wir den örtlichen Vizepolizeichef. Er hatte uns am Vortag auf der Straße gesehen, unsere Durchfahrt erwartet und seinen Polizeistreifen den Auftrag gegeben, uns anzuhalten. Gut Englisch sprechend, möchte er uns bei Fragen und Problemen helfen. „Nun, eigentlich haben wir keinerlei Probleme, danke.“ Im nicht nach europäischen Maßstäben demokratischen Thailand sind Polizisten offensichtlich Respektspersonen, die uns jedoch stets freundlich begegnen. Hofiert von der Polizei wirken wir scheinbar bedeutend und so gesellt sich ein weiterer Schenker hinzu mit einem 12er-Pack Wasserflaschen. Die können wir nun wirklich nicht annehmen.
In zwei Hotels bekommen wir Frühstück geschenkt. In einem Hotel überreicht uns der „Boss“ mit einer kleinen Delegation zur Abreise eine große Blechdose mit Plätzchen und ein „Elefantarium“, wie wir es getauft haben, einen ca. 15x11x14cm großen Quader aus transparentem Kunststoff mit goldenen Zierleisten, darin auf rotem Samtsockel ein Modell eines geschmückten Elefanten. Die Plätzchen sind sehr lecker.
Polizeivieze Mr. Suwannanon warnt uns eindringlich vor dem gefährlichen Straßenverkehr. Diese Warnung hören wir wieder und wieder. Thais können angeblich nicht fahren, und alkoholisiertes Fahren sei ein großes Problem. Nachvollziehen können wir das kaum, haben in nunmehr vier Monaten auf Thailands Straßen keinen Unfall gesehen. Wir empfinden die anderen Verkehrsteilnehmer nie als aggressiv, oft als umsichtig. Auf den meisten Straßen gibt es einen breiten Seitenstreifen und somit für uns eine eigene Fahrspur. Dadurch, daß wir nie in der Dunkelheit fahren, reduzieren wir das Risiko deutlich. Und Betrunkene haben wir auch kaum gesehen, sind uns aber sicher, daß wenn jemand betrunken ist, trotzdem gefahren wird. Zum einen gibt es eine andere Risikowahrnehmung – helmlosen Kleinkindern auf dem Moped, auf der Ladefläche des Pickups stehend fahren und ähnlichem begegnen wir täglich. Zum anderen wird jeder Meter per Moped zurückgelegt. Ein Beispiel: Im Örtchen Muak Lek sitzen wir abends in einem Restaurant. Der eine um den anderen Gast trifft ein, und mehrfach muß eine der beiden Köchinnen etwas nachkaufen. Sie steigt auf’s Moped und fährt zu einem Geschäft. Dieses Geschäft befindet sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Zu ihrer Ehrenrettung muß man sagen, daß die Straße mit zwei Spuren pro Fahrtrichtung recht breit war.
Landschaftlich geht es abwechslungsreich durch Bananen- und Gummibaumplantagen, vorbei an Papayas und Zuckerrohr soweit das Auge reicht. Es ist Zuckerrohrerntezeit, und zahlreich fahren riesige Berge der abgeschnittenen Stangen umher, unter denen sich irgendwo ein LKW verbirgt. Einen süßlichen Geruch verbreitend, riecht man schon, welche Ladung gleich überholt. Ich ernte zwei übermannshohe Halme zum Test. Einer wandert kleingeschnitten in den Tee mit mäßiger Wirkung, aus der anderen kaue ich den süßen Saft, wie ich es während einer Radreise in Äthiopien bei Kindern gesehen habe.
Nach Monaten mit Flachetappen gilt es erstmals wieder, ein paar Berge zu überqueren. Auf mehr als 900m NHN geht es hinauf und etliche steile Steigungen hoch und wieder runter. Das setzt uns kurz aber heftig zu und zeigt uns nochmals, daß unser schweres Gespann nicht prädestiniert ist für die Berge. Der Trainingszustand stimmt ansonsten. Relativ leicht rollen wir an mehreren Tagen hintereinander auch 90-Kilometer-Etappen weg. In den Bergen, im Nam Nao Nationalpark, gibt es noch freilebende Elefanten. Spuren und Kot sehen wir, die Tiere selbst aber nicht. Schilder entlang der Straße mahnen zur Vorsicht. Bei den rasanten Abfahrten denke ich, daß es doch ein dramatisches Ende unserer Tour wäre, von dem man sich noch lange erzählte, würden wir mit unserem 150-Kilogramm-Papa-Tochter-Gespann auf einen Elefantenpo knallen.
Statt dessen absolvieren wir, wie bisher, auch die letzten Familien-Radreise-Kilometer nach Bangkok unfallfrei. Ein Wegweiser an der Strecke weist die Entfernung nach Kuala Lumpur in Malaysia aus: 2055 Kilometer. Wir haben daraus via Kambodscha, Vietnam, Kambodscha, Laos, Nordthailand fast 5900 Fahrrad-Kilomter gemacht.
Am Bangkoker Stadtrand – und so fügt sich eben alles – stellen wir unsere Räder und einen großen Teil unserer Ausrüstung bei jemandem unter, den ich beim Klettern in Los vor ein paar Wochen kennengelernt habe.
Die nächsten 11 Wochen wollen wir Australien in einem gemieteten Campingbus bereisen. Zurück in Bangkok fliegen Lara und Denise nach Hause, ich möchte wieder auf’s Rad steigen und so einen Teil des Weges nach Europa absolvieren.
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Hallo Ihr Weltreisenden,
Leider bin ich erst jetzt, selbst auf Reisen, dazu gekommen, diesen schönen Bericht mal in Ruhe zulesen. Eine absolute Werbung für Thailand und natürlich eure Reiseform. Hat mir hervorragend gefallen und ich hoffe auf einen noch ausführlicheren Bericht von eurem Abstecher nach Australien; die ersten kurzen Sätze hierzu lassen schon hoffen :-) Die Bilder sind wie schon so oft extrem gut! Ich wünsche euch weiterhin eine tolle Reise in Familie und noch viele Eindrücke- Lara ist ja nun auch schon richtig groß…. Viele Grüße vom Mittelmeer, Stefan
Hallo Stefan,
vielen Dank für’s Lob und die Anerkennung der Arbeit. Das motiviert, das Blog weiterhin gewissenhaft zu füllen. Die Länge des letzten Textes soll aber nicht zur Regel werden.
Grüße aus Down Under. Tom
Hallo ihr drei,
ist es denn möglich – erst jetzt habe ich den Thailand-Report von Frebruar gesehen???? Danke für den schönen und sehr ausführlichen Reisebericht. Tom, lass nicht nach, die länge des Textes ist genau richtig.
Liebe Grüße von Tina