Der Mekong, einer der großen Flüsse der Erde, ist der rote Faden dieses 2300 Rad-Kilometer langen Reiseabschnitts. Parallel zum Strom fahren wir von Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh ins vietnamesische Mekong-Delta, dann flussaufwärts erneut durch Kambodscha, Laos und Thailand. Beeindrucken kann uns der Mekong aber wenig. Es ist Trockenzeit. Wochenlang haben wir keinen Tropfen Regen. In Flussbetten, die offenbar zeitweise viel Wasser führen, fließt nur noch ein Flüsschen. So wird aus dem im Mündungsdelta kilometerbreiten Mekong im Oberlauf ein grün bewachsenes Flussbett, von dessen Ufer aus das Wasser teilweise nicht mehr zu sehen ist. Auch die in Südlaos gelegenen, größten Wasserfälle Südostasiens fesseln uns, Iguazú- und Island-erfahren, wenig.
Fast immer ist es sehr sonnig und brüllend heiß. Einen „Kälteeinbruch“ gibt es zwischendurch. Die Maximaltemperaturen bleiben unter 30°C, die nächtliche Tiefsttemperatur sinkt kurzzeitig knapp unter 20°C. An die Hitze adaptiert, wird es uns dabei schon frisch. Einige Einheimische greifen zu Handschuhen und Mütze und beklagen die klirrende Kälte.
Nach einer stressigen Zeit in Vietnam zurück in Kambodscha ist alles wieder freundlich und ruhig. Nicht einmal die Hunde, ein Problem, das jeder Radreisende aus vielen Regionen der Welt kennt, bellen uns an und jagen uns – eine absolute Besonderheit.
Abgesehen von der allgemeinen Freundlichkeit der Kambodschaner und Laoten uns gegenüber, resultiert die Ruhe auch aus der dünnen Besiedlung vor allem im Bereich der Grenze zwischen diesen beiden Ländern. Wiederum zur großen Freude Laras beschert uns das selbstversorgte Zeltnächte. Vermeiden wir es unbedingt aus Gründen der Verkehrssicherheit, in der Dunkelheit Rad zu fahren, wollen wir beim Campen die Etappe rechtzeitig beenden, um für Zeltaufbau, kochen u.s.w. noch etwas Tageslicht zu haben. Zweimal zwingt uns bei untergehender Sonne jedoch ein Problem, unseren Weg noch etwas fortzusetzen. Landminen, die in Kambodscha, Laos und Vietnam zwischen 1979 und ’91 massenhaft von Roten Khmer, kambodschanischer Regierung und Vietnamesen gelegt wurden. Warnschilder weisen auf die Gefahr hin. Hier gibt es dann beiderseits der Straße dichten Bewuchs, keine Felder, keine Siedlungen. Nur auf reichlich betretenem und befahrenen Land verlassen wir die Straße und zelten wir.
Nicht viel zu holen gibt es in den einfachen Restaurants entlang der Strecke. Stoppen wir vor einem Lokal und fragen, ob es überhaupt etwas zu essen gibt, ist die Antwort eine Gegenfrage ebenfalls in Zeichensprache: „Ein oder zwei?“. Die Frage, was die nicht vorhandene Speisekarte bereithält, stellt sich nicht. Nudelsuppe, Nudelsuppe, Nudelsuppe. Nicht, daß es nicht angenehm einfach wäre, daß schnell alles klar ist, aber ich kann keine Nudelsuppe mehr sehen.
Der Höhepunkt in Laos ist ein Klettergebiet östlich der Stadt Thakhek. Kletterer aus aller Welt treffen sich dort, ohne daß es überlaufen wäre. Es herrscht eine familiäre Atmosphäre. Leicht finde ich Kletterpartner, selbst wenn ich mit minimaler Kletterausrüstung angereist bin. Klettertechnisch ist das Gebiet herausragend. Griffiger Kalkstein mit irren Strukturen wie Stalaktiten und Säulen. Durch oft überhängende Wände kann man selbst in mittleren Schwierigkeitsgraden klettern.
Fünf Tage verbringen wir im Klettercamp, die ich, zu meiner größten Freude, reichlich an den Felswänden verbringen kann. Lara freut sich unterdessen sehr über zwei österreichische Mädchen, die ersten deutschsprachigen Spielgefährten seit Monaten. Und auch gemeinsam erleben wir spannendes in landschaftlich reizvoller Umgebung – baden im Fluss, ein Ausflug, bei dem wir, den Einheimischen gleich, zu dritt auf einem Moped unterwegs sind und allem voran eine abenteuerlich Durchquerung eines Bergmassivs, kletternd einem Flusslauf folgend.
Noch nirgendwo haben wir so viele Reiseradler getroffen, wie in Laos. Viele fahren eine mittellange Runde durch Thailand, Laos und Kambodscha. Ein paar Wochen europäische Winterflucht. So kanalisiert es sich zu dieser Jahreszeit auf der einzigen längs durch’s Land verlaufenden Straße. Üblicher Weise tauschen sich Reiseradler bei einem Treffen aus, gerade beim Fahren in entgegengesetzter Richtung, und so verzögert sich so manche Etappe.
Als wir eines Abends in einem Restaurant sitzen, steigt davor eine Radfahrerin aus einem Bus. Ich gehe hinüber, um nach dem woher und wohin zu fragen. „Aus dem Iran.“ Sie setzt sich zu uns und bestellt ein Bier. Ihr Mann kommt mit Rad nach, sie ist vorgefahren. Überrascht frage ich nach, ob ich richtig verstanden habe: „Aus dem Iran?“. Der muslimische Iran, wo man offiziell keinen Alkohol trinkt, Frauen ohne ihren Mann nichts dürfen, bis vor kurzem nicht einmal Rad fahren. „Ja, der Iran, aber auch dort ändern sich die Dinge.“ Wobei sie und „ihr Mann“ letztlich nicht verheiratet sind. Genauso sind Denise und ich der Einfachheit halber offiziell verheiratet, gerade um in muslimischen Ländern keine Diskussionen aufkommen zu lassen.
Nahe Laos‘ Hauptstadt Vientiane überqueren wir den Mekong nach Thailand, fahren dort noch etwas im Fluss entlang, ehe sich dieser nach Norden wendet, wir unsere Fahrtrichtung zurück nach Süden. Etwa 1000 Kilometer sind wir drei zusammen in Laos Rad gefahren, ich allein zusätzlich über 80 Kilometer auf Versorgungsfahrten – Essen oder Bargeld auftreiben. In Thailand wird die Versorgungslage wieder deutlich besser sein. Trotz dem, wie in Kambodscha haben wir uns dank der freundlichen, uns immer wieder begeistert hinterherjubelnden Menschen sehr wohl gefühlt.
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Ein Gesundes Neues Jahr euch Reisenden!! Während in Berlin doch tatsächlich Schnee gefallen ist und über Silvester im Thüringer Wald nur die Wanderschuhe herhalten mussten; freut mich ein Bericht aus Asien umso mehr! Besonders die Tatsache, dass man auch im, gefühlt, übervollen Asien Orte der Einsamkeit mit Natur und Gleichgesinnten (Radler und Kletterer!) finden kann.
Vielen Dank für einen wieder sehr schönen Bericht- und Lara wird immer größer…. LG aus dem tief verschneiten Berlin von Tina & Stefan
Hallo Ihr Reisenden, tolle und spannend/entspannende Tour. Viel Spaß bei den Aussies! Viele grüße von Annette