erschienen im Messekatalog der Spezialradmesse SPEZI 2017
Messekatalog SPEZI 2017 – Seite 12-17 als *.pdf
Auf Liegerädern mit Kind durch Asien
Da sind wir – Denise, Tom und unsere vierjährige Tochter Lara – auf der indonesischen Tropeninsel Bali im äußersten Südosten Asiens. Den Inhalt dreier riesiger Kartons setzen wir am Flughafen zu zwei Kurzliegerädern und einem zweispurigen Kinderanhänger zum Mittreten zusammen. Wir beladen die Gefährte mit in Summe circa 43 Kilogramm Gepäck und stürzen uns in den südostasiatischen Verkehr.
Linksverkehr, Lärm, eine unendliche Anzahl an Mopeds, Chaos. Reißverschlussprinzip – Verkehr und Gegenverkehr greifen ineinander, heißt, es wird in jede Fahrtrichtung die ganze Straßenbreite genutzt. Mopeds vergraben unter Zuladung, besetzt mit bis zu fünf Personen.
Kein Grund aufgeregt zu sein mit der Erfahrung von 52 mit dem Rad bereisten Ländern, beruhige ich mich. Dennoch bin ich immer noch neugierig. Es ist spannend, wieder eine lange Radreise zu machen. All das exotische Treiben um uns herum. Wie wird Lara mit all dem umgehen? Wie wird sie unsere Reise beeinflussen? Aber Lara ist entspannter als wir. Sie ist kindlich unvoreingenommen. Und sie entscheidet, was besonders ist, was fesselnd. Das ist beispielsweise der Hotelpool, das sind Ratten, die durchs Restaurant laufen und immer wieder die vielen Geckos, die abends herauskommen und an Decken und Wänden kleben. Auch der Umstand, daß vor allem sie, das kleine, süße, blonde Mädchen, diejenige ist, mit der sich Einheimische endlos fotografieren lassen wollen, wächst ihr zum Glück nicht über den Kopf.
Sechs Wochen radeln wir durch das von Vulkanbergen geprägte Indonesien. Das schätzungsweise beinahe 150 Kilogramm schweren Papa-Tochter-Gespann wird mit jedem zusätzlichen Steigungsprozent spürbarer, rückwärts ins Tal gezogen. Manchmal ist es so steil, daß wir alle paar hundert Meter stoppen müssen. Die Kette scheint zum Zerreißen gespannt, Oberschenkel und Sonne brennen, Lara treibt an: „Warum halten wir schon wieder?“, ich solle doch mal treten, ob sie alles alleine machen müsse.
Nächste Station: der Insel-Stadtstaat Singapur. Was für eine Stadt. Auf den ersten Blick für uns die Stadt der Verbote und Verhaltensregeln. Unter Androhung extrem hoher Geldstrafen sind Rauchen verboten, Essen und Trinken in der U-Bahn, das Mitführen von Durians, eine hier beliebte aber aufdringlich riechende Frucht, in der Bahn. Linien markieren, wo man stehen soll, Schilder weisen an, das Personal anständig zu behandeln, ordentlich Warteschlangen zu bilden, Straßen nur an Kreuzungen zu überqueren oder „Be good“. Die ganze Stadt wirkt wie eine Parkanlage. Viel Grün, alles top gepflegt, null Müll, viel Platz zwischen den Hochhäusern. Auf den breiten Straßen kaum Verkehr. Wir haben den Eindruck, wir befinden uns in einer abgeschlossenen Versuchsstadt, in der man neue Konzepte des Zusammenlebens probiert, die Stadt der Zukunft, eine Stadt in der die Menschen umwelt- und gesundheitsbewußt leben und vor allem alle ganz lieb sind. Polizei sehen wir keine.
Nicht nur der Kontrast zwischen Großstädten und Regionen mit Ochsenkarren und Strohhütten entlang unbefestigter Hauptstraßen ist riesig, generell bietet dieser Teil der Welt eine enorme Vielfalt. Wir übernachten im Hindutempel. Wir besuchen ein muslimisches Internat, wo wir uns der dortigen Kleiderordnung anpassen müssen, das heißt Kopfbedeckung für Denise. Wir sehen buddhistischen Mönchen beim Almosengang zu. Die Landschaft reicht vom türkisfarbenen Meer mit tropischem Traumstrand über Dschungel, Reisfelder, Karstberge bis zum rauchenden Vulkan. Dazwischen Metropolen wie Singapur, Kuala Lumpur, Bangkok, Ho-Chi-Minh-Stadt. Es gibt herausragende Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel die Tempelanlagen um Angkor Wat und Borobudur. Zahlreiche Tierbegegnungen faszinieren uns alle drei gleichermaßen – verschiedene Affen, riesige Echsen, Flughunde, Schlangen, Elefanten, die Lara mit Bananen füttern kann, Delfine, bunte Fische beim Schnorcheln.
Das Nebeneinander verschiedener Kulturen bringt auch eine kulinarische Vielfalt mit sich. Die ganze Exotik der Speisekarte schöpfen wir jedoch nicht aus – Kröte, Schildkröte, Hai, Insekten, Spinne, Storch, Affe, Ratte, Schlange und Vogelembryo. Nicht immer leicht ist es, sich in den einfachen Straßenküchen hygienisch unbedenklich zu versorgen. Wir überstehen alles ohne gesundheitliche Probleme, empfinden das aber abschnittsweise als die große Herausforderung dieser Tour mit Kind. Wichtigste Vokabel in der jeweiligen Landessprache: Nicht scharf!
Oft unglaublich und von großem Unterhaltungswert ist das bunte Treiben auf den Märkten und der Straße und die kuriosen anderen Verkehrsteilnehmer. Dieser Eindruck beruht sicher auf Gegenseitigkeit. Unsere auffälligen Fahrräder sind ein gutes Kontaktwerkzeug, und unsere Teamzusammensetzung und vor allem Lara sind ein Türöffner. Die Menschen begegnen uns in der Regel mit Sympathie und zeigen sich oft gastfreundlich. Gelegentlich werden wir zu einer Übernachtung eingeladen, oft werden wir mit Trinkwasser, Lebensmitteln und mehr beschenkt.
Helfen kann uns das aber auch nicht bei den Hürden, die uns die Bürokratie stellt. Ärgerlich, wenn man die Freiheit des Radreisens nicht ausleben kann, weil dem Visaangelegenheiten im Wege stehen. So ändern wir unsere Reisepläne und müssen mangels Chinavisum das Endziel Hongkong verwerfen. Problemlos waren wir neun Monate durch Indonesien, Singapur, Malaysia, Thailand, Kambodscha, Vietnam und Laos geradelt. Nun bleibt uns Zeit, weitere drei Monate durch Australien zu reisen. Unsere Fahrräder parken unterdessen in Bangkok. Mit ausreichenden Englischkentnissen ist Lara seit Monaten gerüstet. Alle an sie gerichteten Fragen kann sie beantworten, lauten die Antworten doch stets „My name is Lara.“, „Four.“ und „Germany.“.
Unser Ziel haben wir dennoch erreicht. Wir wollten, frei von den Zwängen eines Berufs- und anstehenden Schulalltags, eine intensive, erlebnisreiche und bereichernde Zeit zusammen als Familie verbringen.
Nach einem Jahr ist die Reise für Denise und Lara beendet, ich nutze die Möglichkeit, in weiteren vier Monaten unter anderem durch Myanmar, über den Pamir-Highway in Zentralasien und durch Iran zu radeln. Aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.
Sehr kurze und schöne Zusammenfassung eurer großen Tour! Hat sehr gefallen ! LG
Hallo Ihr drei aus Berlin,
auf den Bilder kann ich die Räder nicht richtig erkennen.
Habe Ihr beide Räder von HP-Velotechnik Modell Streetmachine GTE ?
Wenn ja, warum ?
Wäre das Flux C500 oder S800 nicht etwas besser gewesen weil die Räder einen etwas größeren Radstand haben ?
Liebe Grüße aus Siegen
Gerold
Hallo Gerold,
es handelt sich um HP Velotechnik Streetmachine Gt Baujahr 2006. Die größten Unterschiede zur aktuellen Gte sind Stahl- statt Alurahmen und einteiliger statt BodyLink-Schalensitz.
Warum dieses Rad? Stahlrahmen, direkte Lenkung, mir passender Sitz, 26“-Hinterrad, waren die entscheidenden Kaufkriterien. Das Flux S800 ist wegen des 20“-Hinterrades für mich keine Option. Das C500 hat mir im Fahrverhalten im Vergleich zur Streetmachine weniger zugesagt. Verantwortlich dafür scheint mir die indirekte Lenkung zu sein. Nebenbei hat die Gepäckunterbringung unter dem Sitz einige Vorzüge.
Warum sollte ein Liegerad mit längerem Radstand aufgrund dessen besser sein? Ist das Flux insgesamt länger? Wäre ein Nachteil. Es wird schwerer, man holt sich mit der indirekten Lenkung weitere verschleißende Mechanik ans Rad.
Der längere Radstand wäre ein Baustein, die Fahrstabilität zu steigern. Da gibt es aber an der Streetmachine nichts auszusetzen. Sie liegt begeisternd ruhig auf der Straße, auch mit hoher Zuladung und bei höchsten Geschwindigkeiten. Trotzdem ist sie agil.
Während mehr als 60.000 Kilometern über 5 Kontinente mußte die Streetmachine viel und oft hart einstecken. Dabei hat sie stets durch Qualität und Robustheit überzeugt. „Wäre das XY nicht besser gewesen?“, die Meßlatte liegt sehr hoch.
Beste Grüße aus Berlin
Tom
Hallo Tom,
vielen Dank für deine Erfahrung und Einschätzung.
Wie schon geschrieben bin ich das Flux C500 ( 26/20 Zoll ) und das HP-Velotechnik Streetmachine vor 9 Jahren nur mal kurz gefahren = Proberunde auf einen Innhof.
War interessant aber damals war es auch sehr ungewohnt wenn plötzlich der Schwerpunkt sich nach oben verlagert und dann noch das Anfahren an Steigungen.
Deshalbt hatte ich mir ein Rahmenkitt vom Scorpion fx gekauft mit Rohloff-Nabe.
War aber nach einem 1/4 Jahr auch damit nicht mehr glücklich.
Die Tretlagerüberhöhung war mir auf Dauer doch zu niedrig.
Dann die Anstiege ( wohnen im Mittelgebirge mit bis zu 14% Steigung ) und das Mehrgewicht des Rades.
Somit erfolgte der Umstieg auf auf ein Stevens Sovereign lite R14 was ich dann 8 Jahre gefahren bin.
für einen Bekannten hatte ich einen neueren Scorpion fs ( 20 Zoll ) auf Rohloff-Nabe umgerüstet. Da er auf Montage mußte durfte ich das den Scorpion fs einige Wochen fahren.
Genossen habe ich dir Körperhaltung und den Blickwinkel nach vorne.
Letztes Jahr habe ich mir ein Reiserad von Rennstahl Bikes gekauft.
853 E-Reiserad Pinion https://youtu.be/o1APd4XglJA
Fahre sehr viel zur meiner Arbeitsstelle = 45Km mit 870 Höhenmetern.
benötige trotz E-Unterstütung je nach dem wie die Beine sind und der Gegenwind bläst zwischen 92-100Minuten bei einem Schnitt von 27,6 – 28,6 Km/h.
Weil ich Mittlerweile auch ein alter Sack bin mit 54 Jahren habe ich mich dann für ein Pedelec entschieden.
Geniesen tue ich den lautlosen Antrieb.
Wenn die Umwelt leise ist höre ich nur das leise Summen der Reifen.
Werde in den nächsten tagen längere Probefahrten mit der Streetmachine unternehmen.
Liebe Grüße aus Siegen
Gerold